
Unser Projekt untersucht, wie neuankommende Geflüchtete und Migrant*innen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg besser in das reguläre Angebot von Deutschkursen weitergeleitet werden können, und welche Sprachlernangebote geeignet sind, um die Wartezeit zwischen Ankunft und dem Start eines regulären Deutschkurses sinnvoll zu nutzen. Unsere alltägliche Arbeit zeigt, dass viele gerade neuangekommene Geflüchtete überaus motiviert sind, Deutsch zu lernen. Sie scheitern jedoch an fehlendem Wissen über ihre Rechte und Möglichkeiten sowie an der Schwierigkeit, sich in der komplexen Angebotsstruktur (Integrationskurse, kostenlose Kurse für Geflüchtete, Erstorientierungskurse etc.) zurechtzufinden. Zudem sind die Wartezeiten für einen Platz in solchen Kursen sehr lang, und auch auf Zulassungsbescheide vom BAMF oder Jobcentern für die Integrationskurse muss oft lange gewartet werden. Hier geht wertvolle Zeit verloren, in der die Sprache erlernt und die Integration vorangetrieben werden könnte. Genau hier setzt unser Projekt an.
Wir möchten uns auf geflüchtete Menschen konzentrieren, die lernungewohnt sind, aus ganz unterschiedlichen Gründen langsamer lernen oder durch traumatische Erfahrungen psychisch belastet sind. Das Regelangebot wird den Bedürfnissen dieser Menschen oft nur unzureichend gerecht, und sie haben es zudem schwerer, sich insgesamt darin zurechtzufinden. In unserer Beratungsarbeit haben wir den Eindruck gewonnen, dass dies besonders Frauen betrifft. Darum möchten wir in der Analysephase und der Projektentwicklung insbesondere die Bedarfe von geflüchteten/migrierten Frauen betrachten und ein Deutschlernmodell entwickeln, das ihre besonderen Lebensumstände berücksichtigt.
Zum einen möchten wir auf der Grundlage einer multiperspektivischen Problem- und Umfeldanalyse einen neuartigen Lösungsansatz für eine zielgerichtete, fundierte und ganzheitlich gedachte begleitete Weiterleitung von Menschen in das Regelangebot der Deutschkurse im Bezirk entwickeln. Zum anderen und parallel dazu möchten wir ein konkretes, niedrigschwelliges Deutschkursangebot entwerfen, das die Zeit zwischen dem Ankommen und dem Beginn eines regulären Deutschkurses überbrückt und sinnvoll nutzbar macht. Dem liegt unsere Hypothese zugrunde, dass die Menschen dadurch schneller und erfolgreicher an das Regelangebot angedockt werden können, keine Zeit in langen Wartelisten verlieren, zügig mit dem Erlernen der Sprache beginnen können und damit früher Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit erlangen. Unseren Lösungsansatz wollen wir in einem anschließenden Modellprojekt erproben und die Ergebnisse auf ihre Wirkung und ihr Übertragbarkeitspotential in andere Bezirke hin auswerten.
Von Januar bis Juni 2025 befassten wir uns in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartner_innen intensiv mit der Problemlage, ihren Ursachen und Auswirkungen. Wir nahmen eine Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen vor, vernetzten uns mit anderen relevanten Akteur_innen im Arbeitsfeld, veranstalteten einen Fachaustausch und führten leitfadengestützte Interviews mit der Zielgruppe durch. So konnten wir eine ganzheitliche Analyse des Problemkomplexes vornehmen.
Auf Grundlage dieser Analyse entwickelten wir einen sozial-innovativen Lösungsansatz, der bedarfsgerechtes Deutschlernen mit einer integrierten Sozialberatung und dem Prinzip der begleiteten Weiterleitung verknüpft, modular ergänzt durch ein flankierendes Kinderbetreuungsangebot. Diesen Lösungsansatz überführten wir in ein Modellkonzept für ein Überbrückungsangebot, das der Schließung einer Versorgungslücke in Friedrichshain-Kreuzberg dient und effektiv zur Stärkung der sozialen Teilhabe und damit zur Integration der geflüchteten Frauen beitragen soll.
Das Entwicklungsprojekt ermöglichte uns darüber hinaus, sehr wertvolle Kontakte zu knüpfen und die Vernetzung der im Arbeitsfeld tätigen Akteur_innen voranzutreiben. Wir haben die Förderung eines Modellprojektes beantragt, um diese Arbeit fortführen und unseren Lösungsansatz erproben zu können.
- Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg (kommunaler Partner, Unterstützung bei der Vernetzung mit wichtigen Partner*innen im Bezirk, Beteiligung an der Entwicklung des Modellkonzepts durch Einbringen von Erfahrungen und Sichtweisen auf bezirklicher Ebene)
- Migrationsrat Berlin e.V. (Entwicklungspartner, Unterstützung bei der Vernetzung mit anderen relevanten Akteur*innen, bei der Organisation des Fachaustauschs sowie bei der Problem- und Umfeldanalyse)