Work Now?! Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung / Duldung als unentdecktes Fach- und Arbeitskräftepotential

Work Now?! Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung / Duldung als unentdecktes Fach- und Arbeitskräftepotential
Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg
Träger
LokalWerk gUG
Heidelberger Str. 16
12059 Berlin
Deutschland
Projektadresse
LokalWerk gUG
Heidelberger Str. 16
12059 Berlin
Deutschland
Kontakt / Ansprechpartner*in
Dirk Bartels
Geschäftsführung
03098403131
03098403132
Laufzeit:01.01.2025-30.06.2025
Förderprogramm:LSI 2023/1 (Entwicklungsprojekte)
Beantragte Fördersumme:47.301,80
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Kurzbeschreibung

Im Projekt sollen auf der Grundlage einer multiperspektivischen Problem- und Umfeldanalyse Möglichkeiten identifiziert und entwickelt werden, die Geflüchteten mit unsicherem Aufenthalt und guter Bleibeperspektive im Bezirk (Duldung und Aufenthaltsgestattung) den Zugang zu Beschäftigung und Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und im öffentlichem Dienst im Bezirk erleichtern. Damit soll zugleich ein bisher unentdecktes Fach- und Arbeitskräftepotential erschlossen werden. Neben der bereits von LokalWerk erprobten längerfristigen, individuellen Begleitung als Erfolgsfaktor sollen weitere Bedarfe, Erfordernisse und Handlungsansätze für die Verbesserung der geringen Beschäftigungsquote dieser Zielgruppe (8%) ermittelt werden und in die Erstellung eines erprobungsreifen Modellkonzeptes einfließen. Dazu soll auch untersucht werden, ob und in welcher Form berufspraktische Erprobungsmöglichkeiten in KMU und im öffentlichen Dienst niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten sein könnten.

Zielgruppe

Die Entwicklungsarbeit ist auf die Verbesserung der Arbeitsmarktsituation von Geflüchteten mit unsicherem Aufenthalt und guter Bleibeperspektive im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und angrenzend ausgerichtet. Sie nimmt als indirekte Zielgruppen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Bezirk und darüber hinaus sowie Personalabteilungen des Öffentlichen Dienstes im Bezirk und darüber hinaus in den Blick.

Beabsichtigte Ergebnisse und Wirkungen

Grundlage für das zu erarbeitende Modellkonzept sind u.a. die Erkenntnisse und ausgewerteten Ergebnisse, die basierend auf der Phineo-Wirkungslogik aus den Kooperationen, Befragungen und Fachtreffen gewonnen werden. Während der Problem- und Umfeldanalyse wird auch die avisierte Zielgruppe eingehend betrachtet. Es wird z. B. untersucht, inwiefern und ggf. welcher Teil der Zielgruppe (ZG) am meisten von dem gesellschaftlichen Problem betroffen ist, welche demographischen und psychographischen Merkmale die ZG kennzeichnen, welche Probleme prioritär zu betrachten sind, welche Symptome und Auswirkungen sich zeigen und was die Ursachen auf Ebene der Betroffenen wie auch auf gesellschaftlicher Ebene sein können. Dies kann ggf. dazu führen, dass die ZG weiter eingegrenzt wird. Bei der Entwicklung des Konzepts werden bereits bestehende Lösungsansätze, deren Funktionsweise, Effizienz, Wirkung und Verbesserungspotentiale berücksichtigt. In Rückkopplung mit unseren Kooperationspartnern, dem Partizipationsbüro des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg und dem Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein (FKU) e.V., aber auch unter Einbezug von Arbeitsagentur, bestehenden relevanten Angeboten (z. B. Arrivo), von Vertreter/-innen der ZG und ggf. weiteren Stakeholdern, wird das Modellkonzept in einem agilen Prozess bis zur Erprobungsreife entwickelt. Dabei wird es iterativ hinsichtlich Wirkung, Realisierbarkeit, Kosten-Nutzen-Effizienz und späterer Skalierbarkeit überprüft. Abschließend wird festgelegt,

  • mit welchen Ressourcen (INPUT - z. B. Budgets, Personal) und
  • mit welchen Aktivitäten (ZG-Ansprache, Anzahl Coachings o.ä., Einbindung Multiplikatoren, Schaffung praktischer Erprobungsmöglichkeiten, ...)
  • welche Ergebnisse (OUTPUT - z. B. Vermittlungen in Arbeit oder Ausbildung, durchgeführte praktische Erprobungen, ...) erreicht werden sollen und
  • welche Veränderungen dadurch auf individueller Ebene (OUTCOME - z. B. psychosoziale Stabilisierung, Verbesserung Lebenssituation) und für die Gesellschaft bewirkt werden sollen (IMPACT – z. B. Wahrnehmung der ZG als integrierter, produktiver Teil der Gesellschaft, gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt, Fachkräftesicherung, …).
Erzielte Ergebnisse und Wirkungen

Entwicklungspartnerschaft & Projektentstehung

In Kooperation mit dem Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein e.V. (FKU) und der Partizipationsbeauftragten FK wurden drei Online-Fragebögen für KMU, Bezirksamt und Unterkünfte entwickelt. Ergänzt durch Interviews, Datenanalysen und KI-gestützte Studien entstand ein umfassendes Bild der Herausforderungen und Potenziale bei der beruflichen Integration von Geflüchteten mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung.

Die Ergebnisse wurden in einem Fachtreffen vorgestellt und führten zur Konzeption eines Modellprojekts (MP), das auf bestehende Partnerschaften aufbaut und durch neue Kooperationen – u.a. mit der Arbeitsagentur Berlin Mitte und der Jobplattform Workeer – erweitert wird. Für den Beirat konnten die Welcome Alliance sowie eine KI-Expertin gewonnen werden.

Problem- & Umfeldanalyse

Die Ausgangslage zeigt deutliche Integrationsdefizite:

  • Nur 4,5 % der ca. erwerbsfähigen 12.200 Geduldeten in Berlin sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder in Ausbildung.
  • Bei erwerbsfähigen Gestatteten liegt die Quote bei rund 30 %.
  • Die Zielgruppe ist jung (über 70 % im erwerbsfähigen Alter), vielfältig und motiviert – 40 % sind weiblich gelesen.
  • Die Zielgruppe wird bisher kaum bei der Fach- und Arbeitskräftegewinnung miteinbezogen, Daten zu beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen werden nicht standardmäßig erfasst.

Arbeitgeber zeigen grundsätzlich Offenheit, fordern jedoch:

  • Klare Informationen zu Gültigkeit und Dauer von Arbeitserlaubnissen
  • Unterstützung bei bürokratischen Hürden (z. B. Aufenthaltsverlängerung, Arbeitserlaubnis, Wohnungssuche, Kitaplatz)
  • Besserer Zugang zu potentiell passenden Bewerber:innen aus der Zielgruppe und passgenaueres Matching (übereinstimmende Erwartungen an Tätigkeiten)

Gleichzeitig wurden integrationsfördernde Angebote reduziert (z. B. Willkommenslotsen, Sprachkurse). Die Zielgruppe fällt nicht unter SGB II, sondern erhält Leistungen nach AsylbLG – dadurch sind Fördermöglichkeiten durch die Arbeitsagentur stark eingeschränkt und werden kaum genutzt.

 

Modellprojekt „Work Now!“ – Lösungsansatz

Das geplante Modellprojekt setzt auf ein ganzheitliches, 12-monatiges Coaching (optional +3 Monate), das individuelle Begleitung, Kompetenzstärkung und psychosoziale Stabilisierung bietet. Ergänzt wird es durch:

  • niedrigschwelliges Jobmatching
  • Arbeitserprobungen
  • KI-gestützte Berufsorientierung
  • enge Kooperationen mit Wirtschaft, Verwaltung und Jobplattformen

Ziele: nachhaltige berufliche Integration, Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit, Vermeidung von Armut und Ausgrenzung, Erschließung der Zielgruppe als Fachkräfte für KMU und öffentlichen Dienst.

 

Projektziele & Wirkung

Input:

  • Budget: 299.662,93 €
  • Personal: 4 Teilzeitkräfte + 1–2 Freiberufliche
  • Partner: 4 Kooperationen, 6-köpfiger Beirat
  • Infrastruktur: Räumlichkeiten der LokalWerk gUG

Output:

  • 30 Teilnehmende (davon 10 Frauen)
  • 3900 Teilnehmendenstunden
  • ≥75 % Anwesenheit
  • ≥12 Praktika/Hospitationen
  • ≥40 % Vermittlung in Ausbildung, Arbeit oder Studium

Outcome:

  • Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit
  • bei 80–90 % der Teilnehmenden Kompetenzsteigerung
  • +25 % Lebenszufriedenheit
  • psychosoziale Stabilisierung, Selbstwirksamkeit
  • Vermeidung von Armut und Isolation
  • Verbesserung von Sprach-, Bewerbungs- und digitalen Kompetenzen

Impact:

  • Einsparungen von mind. 90.000 €/Jahr durch erfolgreiche Vermittlungen
  • Wahrnehmung der Zilegruppe als integrierter, produktiver Teil der Gesellschaft
  • Entlastung von Unterbringungskosten
  • Sensibilisierung von KMU/öD für die Zielgruppe
  • Abbau struktureller Hürden

Transfer & Verstetigung

Zu Beginn und Ende der Teilnahme werden personenbezogene Daten und Kompetenzentwicklungen erhoben und verglichen. Ergebnisse und Herausforderungen werden regelmäßig im Beirat diskutiert. Ein Transfer-Workshop mit Stakeholdern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft soll die Skalierung und Verstetigung sichern.

Ziel ist ein tragfähiges Handlungskonzept („Work Now!“), das über die Projektlaufzeit hinaus Wirkung entfaltet und als Leitfaden für ähnliche Initiativen dient – mit belegbarem sozialem und finanziellem „Return on Investment“.

Entwicklungspartner und wichtigste Kooperationspartner
  • Partizipationsbüro des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg (kommunaler Partner, u.a. Beratung und fachliche Vertiefung bei der Konzeptentwicklung, Übermittlung projektrelevanter Daten und Statistiken, Vernetzung mit Unterkünften, relevanten Beratungsstellen und Fachämtern/ Abteilungen im Bezirk)
  • Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein (FKU) e. V. (Hilfe bei der Erhebung von Bedarfen und Anforderungen für eine erleichterte Beschäftigung der ZG als Schnittstelle zum Unternehmensnetzwerk im Bezirk/Ermittlung von Erfahrungswerten, Erfolgsfaktoren (good practices), Hürden und Vorbehalten bzgl. der Beschäftigung/Ausbildung Geflüchteter mit unsicherem Aufenthaltsstatus)
  • Arbeitsagentur
  • Gemeinschaftsunterkünfte im Bezirk
  • Unternehmen im Bezirk und angrenzend
  • relevante Beratungsstellen und Bildungs-, Qualifizierungsanbieter