Wir untersuchen, wie es gelingen kann, obdachlose EU-Bürger*innen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben (und für die es damit auch keine Unterbringungsmöglichkeiten gibt) durch Beschäftigung in Kombination mit sozialpädagogischer Begleitung in Obdach zu bringen.
Das Kooperationsprojekt der Berliner Help Stiftung, des Vereins Emanzipatorische Selbsthilfe e.V., der Steremat AFS GmbH und der beta gGmbH dient der Integration von Menschen, die von Armut, sozialer Ausgrenzung und Benachteiligung betroffen sind. Dazu gehören wohnungslose, obdachlose und von Obdachlosigkeit bedrohte Personen mit Zuwanderungs- bzw. Fluchtgeschichte, die sich in Pankow aufhalten und keinen Zugang zum Versorgungssystem haben. Wir fokussieren uns auf das Gebiet zwischen Schönhauser Allee und Landsberger Allee, Danziger Straße und dem Volkspark Prenzlauer Berg.
Neben der bereits beschriebenen Zielgruppe erheben wir die Bedarfe der Unternehmen im Bezirk, die Arbeitskräfte suchen (Branche, Tätigkeit, Einstellungsvoraussetzungen). Uns ist durchaus bewusst, dass es nicht sofort zu einer Passung zwischen Obdach suchenden Menschen und den Betrieben kommen wird. Aber mit intensiver und individueller Begleitung durch unsere Sozialpädagog*innen sehen wir es als realistisch an, dass die Menschen langfristig eine Beschäftigung finden. Beschäftigung (wenn auch zunächst in geringem Umfang bzw. ein Praktikum) bedeutet Einbindung in das Sozialsystem und damit auch die Möglichkeit der Unterbringung. Daher interessieren uns die Voraussetzungen, die potenzielle Mitarbeitende mitbringen sollen und die Bereitschaft, unserer Zielgruppe eine Chance zu geben.
Es werden zielgruppenspezifische Fragebögen entwickelt und eine Erhebung durchgeführt. Mit der Auswertung der Daten erhalten wir einen Überblick über die Lebenssituation der obdachlosen EU-Bürger*innen im Bezirk Pankow. Im Ergebnis entwickeln wir Lösungsansätze, um diese zu verbessern. Unter Verwendung des bereits bestehenden Wohnboxen-Projektes der Berliner Help Stiftung in der Storkower Straße 56 führen wir mit einer ausgewählten Person beispielhaft die Projektidee durch. Mit den gewonnenen Erkenntnissen erstellen die Projektpartner ein Rahmenkonzept für ein Modellprojekt.
Einen Teil unserer Zielgruppe bilden wohnungslose, obdachlose und von Obdachlosigkeit bedrohte Personen mit Zuwanderungs- bzw. Fluchtgeschichte, die sich in Pankow aufhalten und keinen Zugang zum Versorgungssystem haben. Zum anderen sprechen wir Unternehmende an, die Arbeitskräfte suchen und die bereit sind, in enger Begleitung durch die Projektpartner*innen auch obdachlosen Menschen (nach intensiver Stabilisierung und in sozialpädagogischer Begleitung) die Chance auf ein Praktikum, eine Arbeitserprobung, einen Geringverdienst oder im besten Fall auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu geben.
Zunächst geht es uns um die Wiederherstellung der Menschenwürde für den Personenkreis, mit dem wir langjährig arbeiten. Die Projektgruppe aus gemeinwohlorientierten Unternehmen setzt sich seit Jahren für die Verbesserung der Lebenssituation sozial benachteiligter Menschen ein. Dazu gehören auch Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und Fluchthintergrund. Sie sind wohnungslos- oder obdachlos und auf Unterstützung angewiesen. Im Bezirk Pankow leben 16,6 % aller in Berlin untergebrachten geflüchteten Menschen, überwiegend in Gemeinschaftsunterkünften, Erstaufnahmeeinrichtungen, Notunterkünften, Hostels und eben auch auf der Straße. Allein im Bereich des Gewerbegebietes Storkower Straße wohnen im Moment ca. 3.500 Menschen in Unterkünften und nicht wenige auch im Freien. Nicht alle, aber viele wollen diesen Zustand beenden. Die Situation dieser Menschen ist immer wieder auch ein Grund für Spannungen in den nachbarschaftlichen Zusammenhängen.
Die Zahlen der Menschen in den verschiedenen Unterkünften sind bekannt. Unklar ist, wie viele Personen obdachlos sind. Die Sozialpädagog*innen der Berliner Help Stiftung sind seit mehreren Jahren täglich in Pankow unterwegs und versorgen sie. Vielen geht es auf den Berliner Straßen häufig immer noch besser als in ihren Heimatländern, in denen sie auf Grund ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Geschlechtszugehörigkeit, ethnischer Herkunft, gesundheitlicher Disposition oder Bildung diskriminiert werden. Da die Mittel begrenzt sind, können die Streetworker*innen den hohen Bedarf gar nicht abdecken. Sie bekämpfen in ihrem Arbeitsalltag aus Zeitgründen immer nur die drängendsten Problemlagen (Ernährung, Notunterkunft, ärztliche Versorgung, Anbindung an Suchthilfeeinrichtungen, Wiederbeschaffung von Personaldokumenten u.a.). Längere Gespräche können aus Zeit- und Personalkapazitätsgründen oft nicht geführt werden. Dabei sind für eine langfristige Begleitung doch insbesondere folgende Informationen von Interesse: Herkunftsland, Alter, Bildungsgrad, Sprache, eigene Ziele und Wünsche wie z.B. der Wunsch nach Beschäftigung und Erwerbsarbeit.
Diese Daten erheben wir durch ausführliche mehrsprachige Befragungen. Mit diesen Informationen entwickeln wir Lösungsansätze, um die Lebenssituation der Menschen zu verbessern, sie sozial zu integrieren und im Ergebnis durch geeignete Lösungsstrategien messbare Wirkungen zu erzielen.
In einer zweiten Erhebung befragen wir Arbeitgeber in unserem Zielgebiet zu ihren Bedarfen nach Arbeitskräften. Wir wollen wissen, was die Betriebe benötigen, um unserer Zielgruppe die Chance auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu geben. Eine intensive sozialpädagogische Begleitung im Einarbeitungsprozess sowie Beratung zu Förderungen für Arbeitgeber sollen die Stelle sichern.
Im Ergebnis erstellen die Projektpartner ein Rahmenkonzept für ein Modellprojekt, in dem konkrete Handlungsrichtlinien, eine Meilensteinplanung, Indikatoren und damit verbundenen Projektziele formuliert werden.
Die Befragungsergebnisse, formulierte Handlungsempfehlungen und der Maßnahmenkatalog werden in Absprache mit dem Bezirksamt Pankow der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und vorgestellt.
Ein obdachloser Mann konnte zunächst in einem Tinyhaus in Pankow untergebracht werden. Dort wurde er umfassend begleitet und stabilisiert und konnte im Verlauf des sechsmonatigen Projektes in eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als Lagerist vermittelt werden. Wir haben umfassende Fragebögen für beide Zielgruppen erarbeitet und erprobt. 52 obdachlose Menschen wurden befragt und damit verfügen wir über einen umfangreichen Datensatz zu vielen der in Pankow auf der Straße lebenden Menschen, den wir dem Bezirksamt gern zur Verfügung stellen. Hauptursachen für die Obdachlosigkeit ist die Flucht vor Krieg, Diskriminierung und Armut in ihren Heimatländern. Vierzehn Pankower Unternehmen haben sich an unserer Umfrage beteiligt. 64 % von ihnen suchen Arbeitskräfte, davon würden 85 % obdachlose Menschen einstellen, wenn wir als Sozialarbeitende die Voraussetzungen dafür schaffen (für die Arbeit notwendige Papiere, Sprachniveau je nach Beruf, Arbeitstugenden, Beratung, Fördermöglichkeiten).
Die Umsetzung des Projekts erfolgte in Entwicklungspartnerschaft durch die „Berliner Help Stiftung“ (Rütlistraße 18, 13407 Berlin-Reinickendorf), die Emanzipatorische Selbsthilfe e.V. (Storkower Straße 158), die beta gGmbH (Storkower Str. 158, 10407 Berlin) und die Steremat AFS GmbH (Storkower Str. 99, 10407 Berlin). Als Unterstützer*innen im Rahmen eines Projektbeirates konnten wir Nadine Thomas (Büro für Wirtschaftsförderung Pankow), Daniela Weiß (Soziale Wohnhilfe Pankow) und Angela und Siegfried Fischer (Heilsarmee) gewinnen.
Darüber hinaus nutzen alle vier Organisationen in Absprache mit ihren Partnern die vorhandenen Netzwerke zu Arbeitgebern, Behörden und Ämtern, freien Trägern und Organisationen, die der Zielerreichung des Projekts förderlich sein können. Dazu gehören das Bezirksamt Pankow mit seinen Fachabteilungen (insbesondere das Amt für Soziales Pankow), Gewerbetreibende in Pankow, die Polizei insbesondere die Polizeiabschnitte 15 und 16, Obdachlosenunterkünfte wie die ASOG-Einrichtung Storkower Straße 114, die Notübernachtung für obdachlose & wohnungslose Menschen – Strassenfeger e.V., weiterhin das Jobcenter Pankow, Vereine und Initiativen wie Ausgabestellen für Obdachlose und Bedürftige.